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Weiterhin kein Anspruch auf Schlussformel im Arbeitszeugnis

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Titelbild: Zwei Personen stehen am Tisch und überprüfen Dokumente. Inhaltsüberprüfung des Arbeitszeugnisses

Macht eine positive Schlussformel ein Zeugnis besser?

Obschon in der Personalpraxis mitunter kontrovers über Fragen der Zeugnisgestaltung diskutiert wird, scheint es jedenfalls festzustehen, dass ein Arbeitszeugnis mit (möglichst ausführlicher und wohlmeinender) Schlussformel „besser“ ist, als ein Zeugnis, welches nur eine knappe oder überhaupt keine Schlussformulierung enthält. Üblicherweise kann sie z. B. folgenden Inhalt haben:
„Wir bedauern das Ausscheiden von Frau XY außerordentlich, danken ihr für die langjährige Mitarbeit und wünschen ihr für ihren künftigen Lebensweg beruflich und privat weiterhin viel Erfolg und alles erdenklich Gute.“

Im Rahmen arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen wird immer wieder einmal die Frage aufgeworfen, ob Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine Zeugnis-Schlussformel geltend machen und durchsetzen können. Das ist nicht der Fall.

Der Arbeitgeber darf seine innere Einstellung für sich behalten

Foto: Rechtsanwalt Stephan Castelletti (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Stephan Castelletti

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Frage nach einem Anspruch auf Zeugnis-Schlussformel bereits in der Vergangenheit mehrfach ablehnend beantwortet (z. B. Urteile vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00; 11.12.2012, 9 AZR 227/11) und seine diesbezügliche Position mit Urteil vom 25.1.2022 (9 AZR 146/21) nochmals dahingehend bekräftigt, dass Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf haben, dass von Arbeitgeberseite eine Schlussformel in das Arbeitszeugnis aufgenommen wird.

Bei der rechtlichen Prüfung der Frage, ob der Zeugnisanspruch gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO) einen Anspruch auf eine Schlussformel beinhaltet, sind auf Arbeitgeberseite die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Unternehmerfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) bzw. auf Seiten der Arbeitnehmenden deren Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) in den Blick zu nehmen. Bei Abwägung dieser Grundrechtspositionen ist nach Auffassung des BAG das Interesse des Arbeitgebers daran, seine innere Einstellung zum Arbeitnehmer bzw. seine Gefühlswelt nicht offenbaren zu müssen, weiterhin höher zu gewichten als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Zeugnis-Schlussformel.

Die Schlussformel ist kein vorgeschriebener Bestandteil eines Zeugnisses

Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO muss ein qualifiziertes Zeugnis Angaben über Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers enthalten, wohingegen eine Zeugnis-Schlussformel hierzu nichts beiträgt. Wäre die Schlussformel notwendiger Bestandteil eines qualifizierten Zeugnisses, wäre der Arbeitgeber zur Offenbarung seiner Gefühle verpflichtet. Das würde seine durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte negative Meinungsfreiheit, d. h. die Freiheit, keine Meinung zu äußern, beeinträchtigen.

Im Ergebnis gilt also weiterhin, dass Arbeitgeber darauf verzichten dürfen, in Arbeitszeugnissen Schlussformeln mitaufzunehmen. Arbeitgeber können bei der Zeugnisgestaltung zum Ausdruck bringen, dass sie das Ausscheiden eines Arbeitnehmers bedauern, Dank empfinden bzw. ihm für die Zukunft alles Gute wünschen; die Arbeitgeber müssen dies aber nicht tun.

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