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Update Prämiensparverträge: Chancen für Verbraucher

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Titelbild: Ein Sparschwein liegt offen zwischen Münzen auf einer Tischplatte.

Die Kündigung von Prämiensparverträgen, insbesondere seitens zahlloser Sparkassen, beschäftigt nach wie vor die Gerichte. Dabei zeigen einige Entwicklungen aus den vergangenen Monaten auf, dass der Gegenwind für die Sparkassen bei Gericht immer heftiger wird. Nachfolgend ein kurzes Update von Dr. Erik Besold (Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht) in Bezug auf die Kündigung von Prämiensparverträgen und die unwirksamen Zinsanpassungsklauseln.

1. Kündigung von Prämiensparverträgen

Foto: Rechtsanwalt Dr. Erik Besold (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Dr. Erik Besold

Wir hatten bereits im November 2020 über ein Urteil des Amtsgerichtes Nürnberg vom 29.10.2020 berichtet, wonach die Sparkasse Nürnberg einen Prämiensparvertrag mit einer Laufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig kündigen kann.

Dieser Ansicht hat sich nunmehr auch das Landgericht Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 23.12.2020 (Az. 10 O 1069/20) für einen vergleichbaren Sachverhalt angeschlossen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth setzt sich dabei in dem 24-seitigen Urteil ausführlich mit sämtlichen Argumenten der Sparkasse auseinander, die diese zur Rechtfertigung eines angeblichen Kündigungsrechtes anführt. Interessierten stellen wir das Urteil gerne auf Anforderung über die E-Mail-Adresse presse@fries.law zur Verfügung.

2. Unwirksame Zinsanpassungsklauseln

a) Die Berechnung von Ansprüchen auf Zinsnachzahlung

Für den juristischen Laien nicht erkennbar ist der Umstand, dass sich in den gekündigten Prämiensparverträgen in der Regel Zinsanpassungsklauseln befinden, die unwirksam sind. Selbst wenn daher die Kündigung des Sparvertrages wirksam ist, besteht ein erheblicher Zinsnachzahlungsanspruch von durchschnittlich 5.000 €. Dabei arbeitet unsere Kanzlei mit der Hink & Fischer Kreditsachverständige GbR zusammen, die den konkreten Anspruch auf Zinsnachzahlung für 85,00 € berechnen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in mehreren Verfügungen signalisiert, dass es der Berechnungsweise prinzipiell folgt, da die vorgenommenen Berechnungen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes berücksichtigt. Zudem weist das Landgericht Nürnberg-Fürth zutreffend darauf hin, dass die Verjährung von Ansprüchen auf Zinsnachzahlung erst mit dem Kündigungszeitpunkt beginnt.

b) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kündigt Tätigwerden an

Nachdem viele Kreditinstitute nicht bereit sind, die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel zu offenbaren und auch ihre Methodik der Zinsanpassung nicht offenlegen, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu drastischen Maßnahmen gegriffen. Sie gibt mit Schreiben vom 29.01.2021 den Kreditinstituten Gelegenheit, sich bis Ende Februar zu dem beabsichtigten Erlass einer Allgemeinverfügung zu äußern. Das Ziel dieser Allgemeinverfügung: Sparkassen und sonstige Kreditinstitute sollen verpflichtet werden, den betroffenen Sparern eine Alternative zu bieten: Sie sollen den Sparern unwiderruflich zusagen, dass sie einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu einer vorzunehmenden Zinsanpassung folgen oder mit den betroffenen Sparern eine Zinsanpassungsklausel vereinbaren, die den Vorgaben der Rechtsprechung des BGH entspricht.

Die BaFin findet dabei deutliche Worte gegen das Gebaren der Kreditinstitute, trotz der offenkundig unwirksamen Zinsanpassungsklausel die berechtigten Ansprüche der Sparer nicht zu befriedigen. Sie spricht wortwörtlich von Missständen sowie von erheblichen, dauerhaften und wiederholten Verstößen gegen verbraucherschützende Bestimmungen auf Seiten der betroffenen Sparkassen. Dabei geht auch die Bundesanstalt davon aus, dass Ansprüche der Sparer nicht verjährt sind.

c) Weitere Musterfeststellungsklagen sind am Start

Nachdem nunmehr vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht bereits eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Nürnberg anhängig ist, beträgt die Anzahl der Musterfeststellungsklagen wegen vergleichbarer Sachverhalte zwischenzeitlich acht. Eine weitere Musterfeststellungsklage ist gegen die Sparkasse München in Aussicht gestellt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang für betroffene Sparer, dass sie sich der Musterfeststellungsklage anschließen müssen, um von deren Wirkungen profitieren zu können. In der Regel erscheint aber die Durchführung eines eigenständigen Klageverfahrens zielführender. Zudem gilt es zu beachten, dass ein Kunde der Sparkasse Erlangen sich nicht einer Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Nürnberg anschließen kann und auch in sonstiger Art und Weise nicht von dieser Musterfeststellungsklage profitiert.

 

Text: RA Dr. Erik Besold, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Titelbild: Bearb., Bild von Kevin Schneider auf Pixabay

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