Themen

Archiv

Prämiensparen bei der Sparkasse: Sparvertrag mit Prämienstaffel für 20 Jahre kann erst nach 20 Jahren gekündigt werden

| von

Titelbild: Ein Sparschwein steht zwischen Münzen.

Sparkasse Nürnberg kann Prämiensparverträge mit einer Laufzeit von 20 Jahren nicht vorzeitig kündigen

Nachdem unsere Kanzlei bereits erfolgreich beim Oberlandesgericht Nürnberg ein Verfahren geführt hat, wonach Sparverträge mit einer Vertragslaufzeit von 99 Jahren nicht vorzeitig gekündigt werden können, konnten wir nunmehr das erste Urteil eines Oberlandesgerichtes zugunsten eines Sparers erstreiten, dem zwar eine Sparprämie für 20 Jahre zugesagt worden war, der Sparvertrag aber dennoch vorzeitig gekündigt wurde.

Foto: Rechtsanwalt Dr. Erik Besold (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Dr. Erik Besold

Im vom Oberlandesgericht Nürnberg entschiedenen Fall hatte unser Mandant im Jahr 2001 einen Sparvertrag mit der Sparkasse Nürnberg abgeschlossen, bei dem die Sparkasse Nürnberg eine vom 3.-14. Sparjahr ansteigende Sparprämie gewährt hatte. Für das 15.-20. Sparjahr hatte man eine Prämie von jeweils 50 % der jährlichen Sparbeiträge versprochen. Gleichwohl hat die Sparkasse Nürnberg den Sparvertrag im Jahr 2019 gekündigt, was dazu führen würde, dass unser Mandant die Sparprämie eben nicht für die vollen 20 Jahre erhält. Die Sparkasse Nürnberg hat die Kündigung auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14.05.2019, Az. XI ZR 345/18 gestützt. In diesem Urteil hatte sich der Bundesgerichtshof aber mit einem Sparvertrag zu befassen, wo die Sparprämie nur für 15 Jahre versprochen worden war.

Nachdem wir den Rechtsstreit in der ersten Instanz vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth noch verloren hatten, hat das Oberlandesgericht Nürnberg mit Urteil vom 29.03.2022, Az. 14 U 3259/20 die vorzeitige Kündigung für unzulässig erklärt. Das Oberlandesgericht Nürnberg folgt dabei unserer Argumentation, wonach ein Sparer die Prämienstaffel nur so auslegen könne, dass eine Kündigung in diesem Zeitraum durch die Sparkasse nicht möglich ist. Ansonsten könnte die Sparkasse den Anspruch auf die lukrative Sparprämie, die sich der Sparer durch seine jahrelange Vertragstreue gesichert hat, torpedieren.

Bundesweit tausende Sparverträge betroffen - ein Fall für den Bundesgerichtshof

Nachdem sich die Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung bundesweit in einer Vielzahl von Fällen stellt (selbst bei vorsichtiger Schätzung gehen wir von einer 6-stelligen Zahl von betroffenen Sparverträgen aus) hat das Oberlandesgericht Nürnberg aufgrund der damit verbundenen grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Das Urteil stellt einen Meilenstein bei der Klärung der diversen Rechtsfragen dar, die sich durch die zahllosen Kündigungen von Prämiensparverträgen, insbesondere seitens der Sparkassen, stellen. Es ist bundesweit das erste Urteil eines Oberlandesgerichtes, dass die Frage im Sinne des Sparers entscheidet. Insbesondere dürfte es auch Auswirkungen auf die beim Bayerischen Obersten Landesgericht anhängigen Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkassen Nürnberg und München haben. Allerdings ist seitens betroffener Sparer möglicherweise Eile geboten, da die ersten Kündigungen bereits im Jahr 2019 ausgesprochen wurden. Daher kann die Kündigung nur noch bis Jahresende angegriffen werden. Soweit Sparer ihre Verträge nicht mit den Sparkassen Nürnberg und München abgeschlossen haben, können sie die Verjährung auch nicht durch den Anschluss an die Musterfeststellungsklageverfahren hemmen.

Interessierten Sparern und Kollegen stellen wir das Urteil auf Anforderung gerne per Mail zur Verfügung (presse@fries.law).

 

Text: RA Dr. Erik Besold, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht


Titelbild: Bearb., Bild von Tirelire_Avenue auf Pixabay

Zurück