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Keine Nachgewährung von Urlaub bei Corona-Quarantäneanordnung

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Titelbild: Eine Frau sitzt am Fenster in einem Zimmer

Ein Arbeitgeber muss Arbeitnehmern, die sich während des Urlaubs am Coronavirus infizieren und auf behördliche Anordnung in Quarantäne begeben müssen, die Urlaubstage nicht ohne Weiteres nachgewähren. Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht Bonn in seiner Entscheidung vom 07.07.2021 (Az. 2 Ca 504/21). Ein Beitrag von Rechtsanwalt Michael Popp.

Der Fall: Im Urlaub in Quarantäne – Arbeitnehmerin klagt auf Nachgewährung der Urlaubstage

Im Fall, der dem Urteil des Arbeitsgerichts Bonn zugrunde lag, wurde der Arbeitnehmerin für den Zeitraum vom 30.11.2020 bis zum 12.12.2020 Erholungsurlaub gewährt. Aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus musste sich die Arbeitnehmerin auf behördliche Anordnung in der Zeit vom 27.11.2020 bis zum 07.12.2020 in Quarantäne begeben. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lag für diesen Zeitraum nicht vor. Krankheitssymptome wies die Klägerin nicht auf. Die Arbeitnehmerin verlangte von ihrem Arbeitgeber die Nachgewährung von fünf Urlaubstagen. Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen: Ein Anspruch auf Nachgewährung des Urlaubs bestehe nur bei einer Arbeitsunfähigkeit, die durch ärztliches Attest nachgewiesen sein muss. Die behördliche Quarantäneanordnung reiche dazu nicht aus.

Eine behördliche Quarantäneanordnung ersetzt kein ärztliches Attest

Foto: Rechtsanwalt Michael Popp (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Michael Popp

Nach Auffassung des Gerichts liegen die Voraussetzungen des § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit nicht vor. § 9 BUrlG legt fest, dass bei einer Erkrankung während des Urlaubs die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden.

Die Klägerin hat eine Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen. Eine behördliche Isolierungs-/Absonderungsanordnung („häusliche Quarantäne“) steht nach Ansicht des Arbeitsgerichts Bonn einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers obliegt alleine dem behandelnden Arzt.

Eine Corona-Infektion bedeutet nicht zwingend Arbeitsunfähigkeit

Auch eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG bei einer behördlichen Quarantäneanordnung aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus scheidet nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bonn aus. Es liegt weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichbarer Sachverhalt vor. Eine Infizierung mit dem Coronavirus führt nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit.

Urteil schafft Klarheit

Für die betriebliche Praxis schafft das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn Klarheit: befindet sich der Arbeitnehmer während des Urlaubs in einer behördlich angeordneten Quarantäne, ohne dass eine Arbeitsunfähigkeit ärztlich attestiert ist, besteht kein Anspruch auf Nachgewährung von Urlaub.

Text: RA Michael Popp, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Titelbild: Bearb., Bild von Free-Photos auf Pixabay

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