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Kapitalanlage mit Folgen – Schneeballsysteme und Co.

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Schneeballsysteme sind komplex und für den Anleger schwer nachvollziehbar.

Gerade in Zeiten, in denen von der Bank nur geringe Zinsen zu erwarten sind, sind Anleger auf der Suche nach lukrativen Anlagemöglichkeiten. Häufig wirkt die Anlage zunächst sehr vielversprechend und wirft z.T. hohe Renditen ab. Umso überraschter sind die Anleger dann, wenn das Unternehmen plötzlich Insolvenz beantragt. Häufig ist der Grund für den mangelnden Unternehmenserfolg, dass es sich um ein Schneeballsystem gehandelt hat. Mit diesem Beitrag wollen wir einen Überblick über die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit solchen Investitionen geben.

1. Der graue Kapitalmarkt

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von Fällen, in denen Anleger den Großteil ihres investierten Geldes verloren haben. Betroffen sind dabei häufig Investitionen in den sogenannten „grauen Kapitalmarkt“. Darunter versteht man oft den unregulierten Teil des Kapitalmarkts. Beispiele sind z.B. Investitionen in geschlossene Fonds, Unternehmensbeteiligungen oder Direktinvestments. Die Anbieter sind z.T. sehr kreativ, was die Entwicklung neuer Anlageprodukte angeht. Zum Teil handelt es sich dabei jedoch auch um sogenannte Schneeballsysteme.

2. Merkmale eines Schneeballsystems

Das klassische Schneeballsystem ist davon geprägt, dass die an die Anleger ausgezahlten Erträge nicht von tatsächlichen Gewinnen gedeckt sind. Vielmehr werden Auszahlungen an Anleger durch die Einlagen neuer Anleger finanziert. Der Anleger bekommt davon in der Regel zunächst nichts mit, er freut sich in der Regel über seine erfolgreiche Anlage. Können nicht mehr genug neue Anleger geworben werden, bricht das Schneeballsystem zusammen. Die Konsequenz ist die Insolvenz des Unternehmens mit erheblichen Folgen für die betroffenen Anleger.

3. Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Meldet das Unternehmen, in das man investiert hat, Insolvenz an, stellen sich die betroffenen Anleger viele Fragen. Erhält man seine Investition zurück? Und wenn ja – wie? Hier kommen zunächst Ansprüche gegen die insolvente Gesellschaft in Betracht. Wie viel man in diesem Fall von seiner Einlage zurückerhält, kommt stark auf den Einzelfall an. In der Regel wird es jedoch keine hohe Quote sein.

Haben Anleger Schadensersatzansprüche?

Daneben können auch Schadensersatzansprüche gegen Anlageberater oder die Geschäftsführer bzw. Vorstandsvorsitzenden der insolventen Gesellschaft in Betracht kommen. So bedarf es für das Betreiben von Bankgeschäften in Deutschland einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Wird eine solche Erlaubnis tatsächlich benötigt und wurde diese vom Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzenden nicht eingeholt, kann dieser persönlich haften. So wie im Fall des insolventen Schweizer Unternehmens Keyco AG. Laut Bundesgericht der Schweiz hat das Unternehmen unerlaubte Bankgeschäfte betrieben.

Wenn der Insolvenzverwalter Auszahlungen an Anleger anficht

Besonders überrascht sein dürften jedoch die Anleger, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Einlage bereits zurückerhalten haben und sich somit in Sicherheit gewogen haben. Denn in zahlreichen Fällen erhalten diese Anleger ein Schreiben vom Insolvenzverwalter, der eine Anfechtung der Auszahlungen erklärt und zur Rückzahlung auffordert. Zuletzt hat dies etliche Anleger der insolventen Lombardium Gruppe getroffen, die die Anlageprodukte LombardClassic und LombardClassic 2 und 3 angeboten haben.

Ob die Ansprüche des Insolvenzverwalters tatsächlich berechtigt sind, ist dabei im Einzelfall zu prüfen. Dabei kommt es u.a. auf die konkrete Ausgestaltung der Beteiligung an und auch auf die Frage, ob und wie das Geld aus der Beteiligung verwendet wurde. Die Rechtslage ist selten so eindeutig, wie vom Insolvenzverwalter dargestellt. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen mehrere Firmen an der Anlage beteiligt waren und Zahlungen z.T. über Tochter- oder Schwestergesellschaften geflossen sind. Dies ist z.B. der Fall bei Investitionen in die Projekte der mittlerweile insolventen Euro Concept Gruppe. Hier erfolgten manche Auszahlungen nicht über den eigentlichen Vertragspartner der Anleger, sondern über Schwestergesellschaften, die nunmehr die Zahlungen anfechten.

Empfehlung: Zahlen Sie die Forderungen des Insolvenzverwalters nicht ohne vorherige Prüfung

Trotz der vom Insolvenzverwalter z.T. sehr knapp gesetzten Fristen empfehlen wir die Forderung nicht anstandslos zu zahlen. Sie sollten genau prüfen bzw. prüfen lassen, ob die Forderung berechtigt ist und welche anderweitigen Ansprüche Ihnen ggf. zustehen.

Ansprechpartner: Dr. Erik Besold, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Titelbild: Bearb., Photo by Clint Adair on Unsplash

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