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BGH-Urteil zu Zinsklauseln ein Meilenstein für Sparer

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Titelbild: Ein Sparschwein steht zwischen Münzen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 06.10.2021, Az. XI ZR 234/20 äußerst positive Signale für von unwirksamen Zinsanpassungsklauseln betroffene Sparer gesendet. Das Urteil betrifft hunderttausende von Sparern und bestätigt letztendlich die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sowie das Urteil des Oberlandesgerichtes Dresden vom 22.04.2020, Az. 5 MK 1/19. Leider existiert das Urteil noch nicht im Volltext, sondern lediglich als Pressemitteilung. Mit einer Veröffentlichung der Urteilsgründe ist erfahrungsgemäß in 6–8 Wochen zu rechnen. Ein Beitrag von Dr. Erik Besold, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Ansprüche auf Zinsnachzahlung verjähren erst mit Kündigung des Sparvertrags

Foto: Rechtsanwalt Dr. Erik Besold (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Dr. Erik Besold

Wichtig an dem Urteil ist vor allem, dass Ansprüche auf Zinsnachzahlungen erst mit Kündigung des Sparvertrages verjähren. Ab diesem Zeitpunkt haben betroffene Sparer daher drei Jahre bis zum Jahresende Zeit, die Ansprüche – notfalls gerichtlich –  geltend zu machen. Der Rechtsprechung diverser Landgerichte, wie z.B. der des Landgerichtes Bamberg, erteilt der Bundesgerichtshof eine klare Absage. Zudem betont der Bundesgerichtshof, dass als sogenannter Referenzzinssatz für die Ermittlung der geschuldeten Zinsen ein Zinssatz für langfristige Spareinlagen heranzuziehen ist. Die betroffenen Sparkassen hatten teilweise die Ansicht vertreten, dass lediglich ein Zinssatz für 3-monatige Spareinlagen heranzuziehen sei. Dieser Rechtsprechung hatte sich die 10. Zivilkammer des Landgerichtes Nürnberg-Fürth in diversen Beschlüssen angeschlossen. Nachdem das Oberlandesgericht aber konkrete Feststellungen zu dem konkret in Ansatz zu bringenden Zinssatz unterlassen hat, wurde der Rechtsstreit zur Klärung dieser Frage an das Oberlandesgericht Dresden zurückverwiesen. Leider unterbleibt durch den Bundesgerichtshof daher eine klare Vorgabe dazu, wie der Referenzzinssatz konkret zu ermitteln ist. Damit unterbleibt bedauerlicherweise eine verbindliche Klärung durch den Bundesgerichtshof. Im Übrigen bestätigt der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung, dass bei der Zinsanpassung der anfänglich relative Abstand des Vertragszinssatzes beizubehalten ist und zudem die Zinsanpassung in einem monatlichen Rhythmus vorzunehmen ist.

Vor allem Prämiensparverträge der Sparkassen betroffen

Das Urteil ist sicherlich ein Meilenstein für betroffene Sparer. Insbesondere die Prämiensparverträge der Sparkassen sind von diesem Urteil betroffen. Nach unseren Erfahrungen betragen die Nachzahlungsbeträge im Schnitt 5.000 € je Sparvertrag. Spannend bleibt, ob die betroffenen Sparkassen nunmehr ihre Blockadehaltung aufgeben und diskutable Vergleichsangebote unterbreiten. Es sei nur daran erinnert, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Missstände bereits im Rahmen einer Allgemeinverfügung aufgegriffen und die betroffenen Sparkassen aufgefordert hatte, betroffenen Verbrauchern entsprechende Angebote zu unterbreiten.

Gegenstand des Urteils des Bundesgerichtshofes ist aber leider nicht die Frage, wann Prämiensparverträge gekündigt werden können. Hierzu ist aber unter anderem beim Bayerischen Obersten Landesgericht gegen die Sparkasse Nürnberg eine Musterfeststellungsklage anhängig.

Text: RA Dr. Erik Besold, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Titelbild: Bearb., Bild von Tirelire_Avenue auf Pixabay.

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