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Kommt der zweite Widerrufsjoker? Banken haben keinen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung im Falle unzutreffender Angaben im Darlehensvertrag

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Ein Kreditnehmer unterschreibt einen Darlehensvertrag.

Will ein Kreditnehmer sein Immobiliendarlehen bereits vor Ablauf der Zinsbindung zurückzuzahlen, kann es unter Umständen teuer werden. Denn die Bank kann im Gegenzug einen Ausgleich dafür verlangen, dass sie das Geld nicht zu dem Zinssatz anlegen kann, den sie für das Darlehen während der restlichen Zinsbindung erhalten hätte. Informiert ein Kreditinstitut den Kreditnehmer aber im Rahmen des Darlehensvertrages nur ungenügend, hat es nach der aktuellen Rechtsprechung keinen Anspruch auf diese Vorfälligkeitsentschädigung. Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Erik Besold, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Aktuelle Urteile zum Thema Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung

Foto: Rechtsanwalt Dr. Erik Besold (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Dr. Erik Besold

Nachdem die Rechtsprechung den Widerruf von Darlehensverträgen (wir berichteten im März: EuGH kippt deutsche Muster-Widerrufsbelehrung für Verbraucherdarlehensverträge) weitestgehend abgearbeitet hat, besteht für betroffene Darlehensnehmer aufgrund zweier jüngst ergangener Urteile des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 28.7.2020, Az. XI ZR 288/19) sowie des OLG Frankfurt (Urteil vom 1.7.2010, Az. 17 U 810/19) Hoffnung, im Falle der vorzeitigen Rückzahlung von Darlehen die Vorfälligkeitsentschädigung nicht entrichten zu müssen.

Kein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung für Banken

Gestützt wird dieses in den beiden Urteilen auf die Bestimmung des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung dann ausgeschlossen ist, wenn die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. Eine klare Linie konnte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28.7.2020 für Immobiliendarlehensverträge noch nicht skizzieren, da er sich mit einem allgemeinen Verbraucherdarlehensvertrag zu befassen hatte, wo der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ohnehin auf 0,5 bzw. ein Prozent der Darlehensvaluta begrenzt ist. Hingegen musste sich das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 1.7.2020 mit einem Immobiliendarlehensvertrag befassen. Dort hat das OLG Frankfurt geurteilt, dass die Darstellung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft bzw. intransparent ist. Demzufolge bestand kein Anspruch des Kreditinstitutes auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Geld zurück bei falsch berechneter Vorfälligkeitsentschädigung?

Es wird zukünftig daher zu prüfen sein, ob die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft ist und insbesondere für den Darlehensnehmer nachvollziehbar ist. Ist dies nicht der Fall, besteht kein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, was oft zur Erstattung fünfstelliger Beträge führen kann. Allerdings muss hier stets im konkreten Fall geprüft werden, ob die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zutreffend sind. Von daher wird sich die Rechtsprechung sukzessive mit den einzelnen Bestimmungen zu befassen haben.

Text: RA Dr. Erik Besold, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Beitragsbild: Bearb., Bild von Free-Photos auf Pixabay

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