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3G am Arbeitsplatz: Ein Umsetzungsleitfaden für Arbeitgeber

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Titelbild: Arbeitsplatz mit Laptop und Videokonferenz

Seit Mittwoch, 24.11.2021, gilt zunächst befristet bis 19.03.2022 bundesweit in sämtlichen Betrieben die sogenannte „3G-Regel“. Soweit er inhaltliche Regelungen trifft, verdrängt der neu gefasste § 28b IfSG damit ggfs. bestehende landesrechtliche Regelungen. Ein Überblick unseres Arbeitsrechtsteams über die wichtigsten Neuerungen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, verbunden mit Hinweisen zur Umsetzung und Kontrolle der aktuell geltenden Regelungen.

1. Definition „3G“ und Anwendungsbereich des § 28b IfSG

Foto: Rechtsanwalt Dr. Michael Au (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Dr. Michael Au

Die „3G-Regel“ des § 28b Abs. 1 S. 1 IfSG besagt, dass Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur noch von Arbeitgebern und Beschäftigten betreten werden dürfen, die entweder geimpft, genesen oder negativ auf das SARS-CoV-2-Virus getestet sind (3x„G“) und einen entsprechenden Nachweis mit sich führen. Die Möglichkeit eines physischen Kontakts liegt bereits vor, wenn in der Arbeitsstätte das Zusammentreffen mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann. Ein direkter Körperkontakt ist keine Voraussetzung. Die „3G-Regel“ gilt sowohl für Beschäftigte i.S.d. § 2 Abs. 2 ArbSchG als auch für Arbeitgeber. Auf die Größe des Bertriebs bzw. die Anzahl der im Betrieb Beschäftigten kommt es nicht an. Räumlich erstreckt sie sich auf „Arbeitsstätten“, gilt also auch im Freien/Außenbereich des Betriebsgeländes. Hiervon ausgenommen – weil keine Arbeitsstätten – sind lediglich Arbeitsplätze im Homeoffice oder in Verkehrsmitteln (z.B. im Auto).

Die Arbeitsstätte darf nur betreten werden, wenn Beschäftigte und Arbeitgeber einen Nachweis mit sich führen, der den „G-Status“ belegt („3G-Nachweis“). Als Ausnahmen von diesem Grundsatz werden nur das Betreten der Arbeitsstätte zur Wahrnehmung von betrieblichen Testangeboten, die der Erlangung dieses Testnachweises dienen, oder das Betreten für die Wahrnehmung von Impfangeboten in der Arbeitsstätte zugelassen. Damit gilt die 3G-Nachweispflicht auch für Beschäftigte, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

2. Pflichten des Arbeitgebers

Foto: Rechtsanwalt Stephan Castelletti (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Stephan Castelletti

a) Testpflichten

Der Arbeitgeber ist aufgrund der Testangebotspflicht gemäß § 4 Abs. 1 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung („Corona-ArbSchV“) verpflichtet, mindestens zweimal wöchentlich eine kostenfreie Testung durch Invitro-Diagnostika anzubieten. Eine Testergebnis-Bescheinigung darf der Arbeitgeber in Bayern durch vorher entsprechend geschulte Mitarbeiter ausstellen, wenn diese die Testung durchgeführt oder überwacht haben.

b) Kontrollpflichten

Der Arbeitgeber ist verantwortlich für die tägliche Überprüfung der 3G-Nachweise vor dem Betreten der Arbeitsstätten. Er kann die Kontrolle jedoch unter Beachtung des Beschäftigtendatenschutzes an geeignete Beschäftigte oder Dritte delegieren. Dafür ist eine effiziente und lückenlose betriebliche Zutrittskontrolle erforderlich.

Wenn der Genesenen- oder Impfnachweis eines Beschäftigten einmal überprüft und dokumentiert worden ist, können diese Beschäftigten fortan von den täglichen Zugangskontrollen ausgenommen werden. Bei genesenen Personen, deren Genesungsstatus vor dem 19.03.2022 abläuft, ist das Ablaufdatum zu dokumentieren und nach dessen Eintritt entweder einmalig ein Impfnachweis oder ein arbeitstäglicher Testnachweis vorzulegen.

Der Fokus der Kontrollen liegt daher auf der täglichen Überprüfung der Gültigkeit der Testnachweise nicht geimpfter bzw. nicht genesener Beschäftigter. Der Testnachweis muss zum Zeitpunkt des Zugangs zur Arbeitsstätte gültig sein. Für Kontrollen der zuständigen Behörde muss der „3G-Nachweis“ bereitgehalten werden, er kann zu diesem Zweck aber auch beim Arbeitgeber hinterlegt werden. Für die Vorlage von Testnachweisen gilt: die Testung darf vor max. 24 Stunden vorgenommen worden sein und muss entweder in Form von Selbsttests vor Ort unter Aufsicht des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person erfolgen und dokumentiert werden oder durch den Arbeitgeber oder von ihm beauftragte Personen, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen, erfolgen und dokumentiert werden, oder von einem Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 der Coronavirus-TestVO vorgenommen oder überwacht worden seien. Für PCR-Tests gilt ein Gültigkeitsintervall von max. 48 Stunden

 

3. Umgang mit Beschäftigten, die keine Nachweise vorlegen wollen und Testungen verweigern

Foto: Rechtsanwalt Michael Popp (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Michael Popp

Die Beschäftigten sind aufgrund des § 28b Abs. 1 S. 1 IfSG gesetzlich dazu verpflichtet, die geforderten Nachweise zu erbringen. Sofern Beschäftigte dies verweigern, darf der Arbeitgeber sie nicht beschäftigen, da er andernfalls gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen würde.

a) Empfohlene Herangehensweise

Der Arbeitgeber sollte in diesem Fall zunächst prüfen, ob (1) der Beschäftigte zunächst als milderes Mittel aus dem Home-Office tätig werden kann. Ist dies nicht der Fall (weil dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, vgl. Ziffer 5.), siehe unten 3b). Kann der Beschäftigte aus dem Home-Office tätig werden, so ist diesem (2) ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Nimmt er dieses an, so ist er während der Erbringung der Arbeitsleistung aus dem Home-Office gegenüber dem Arbeitgeber nicht mehr zur Vorlage der Nachweise verpflichtet. Lehnt er dieses ab, empfehlen wir die nachfolgend unter 3b) beschriebene Vorgehensweise.

b) Ablehnung der Testung durch den Beschäftigten

Lehnt der Beschäftigte die Testung ab, empfehlen wir, zunächst das Gespräch mit dem Beschäftigten zu suchen und diesen ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er unter diesen Umständen nicht beschäftigt werden kann/darf und folglich für die Dauer der Nichtbeschäftigung keinen Vergütungsanspruch erwirbt (Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn.“). Soweit der Beschäftigte bei seiner ablehnenden Haltung bleibt, bietet er seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. Er kann/darf daher nicht beschäftigt werden und erwirbt folglich auch keinen Entgeltanspruch. Erwähnenswert ist auch, dass der Beschäftigte in diesem Fall auch keinen staatlichen Entschädigungsanspruch erwirbt.

c) Weitere mögliche rechtliche Maßnahmen

Dessen ungeachtet verstoßen Beschäftigte, die ihre Mitwirkung verweigern und aus diesem Grund nicht beschäftigt werden können, gegen ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung. Dieser Verstoß kann mit einer Abmahnung – und im Falle der fortdauernden/wiederholten gleichartigen Pflichtverletzung mit dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung – sanktioniert werden.

Unabhängig von diesen Möglichkeiten kann mit dem Beschäftigten eine Regelung getroffen werden, wonach diesem im Falle eines positiven Saldo an Urlaubs-/Zeitguthabenansprüchen von Seiten des Arbeitgebers entgegenkommenderweise zunächst deren Einbringung gestattet wird, um dem Beschäftigten zumindest für die Dauer der Urlaubs-/Zeitguthabeneinbringung die Vergütung zu sichern.

4. Datenschutz

Foto: Rechtsanwältin Nicole Rupprecht (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RAin Nicole Rupprecht

Auch wenn der Arbeitgeber einen Anspruch auf Vorlage der Nachweise hat, ergibt sich hieraus kein Fragerecht nach dem Impf- oder Genesungsstatus des Beschäftigten. Hinsichtlich der von den Beschäftigten mitgeteilten Daten muss der Arbeitgeber gemäß § 22 Abs. 2 BDSG technische und organisatorische Maßnahmen zur Datensicherheit ergreifen, um eine Kenntnisnahme durch Unbefugte zu verhindern. Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO ist der Arbeitgeber berechtigt, die erhobenen Daten sowohl zum Zwecke der Nachweis-Kontrolle als auch gem. § 3 Corona-ArbSchV zur Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts zu verwenden. Eine darüber hinausgehende Verarbeitung ist unzulässig. Spätestens 6 Monate nach ihrer Erhebung sind die Daten zu löschen.

5. Home-Office / Mobiles Arbeiten

Foto: Rechtsanwalt Dennis Hammer (FRIES Rechtsanwälte, Nürnberg)
RA Dennis Hammer

Arbeitsplätze im Home-Office/mobilen Arbeiten sind keine Arbeitsstätten i.S.d. § 28b IfSG, weshalb die dort Beschäftigten den Nachweispflichten nicht unterliegen. Ein Anspruch ungeimpfter bzw. nicht genesener Beschäftigter auf Home-Office/mobiles Arbeiten lässt sich daraus nicht ableiten.

Der § 28b Abs. 4 IfSG beinhaltet die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten Home-Office anzubieten. Voraussetzung hierfür ist, dass keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Betriebsbedingte Gründe liegen vor, wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten. Auch besondere Anforderungen des Betriebsdatenschutzes und der Schutz von Betriebsgeheimnissen fallen hierunter. Die Beschäftigten sind ihrerseits verpflichtet, das Angebot des Arbeitgebers anzunehmen, sofern ihrerseits keine Gründe (z.B. räumliche Enge, Störungen durch Dritte) entgegenstehen.

Um Behördenanforderungen nachzukommen, sollten Arbeitgeber den schriftlichen Nachweis über die Abgabe des Home-Office-Angebots gegenüber den einzelnen Beschäftigten führen können. Dies gilt zwar nicht für die Ablehnung durch den jeweiligen Beschäftigten oder dessen Gründe hierfür, empfiehlt sich jedoch ebenfalls.

Selbstverständlich werden wir Sie über die weiteren Entwicklungen zu diesem Thema auf dem Laufenden halten.

Kontakt

Falls eine Ihrer Fragen nicht beantwortet worden sein sollte, können Sie sich gerne direkt an unsere Anwältinnen und Anwälte aus dem FRIES-Arbeitsrechtsteam wenden:

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